TRAINIEREN AM PAZIFIK -
Das Elite-Laufteam des SCC macht sich in Neuseeland fit für die Saison

Ein Vierteljahr lang haben sich Lisa Hahner, Philipp Baar und Fabian Clarkson mit ihrem Trainer Dieter Hogen ans andere Ende der Welt zurückgezogen. In einfachen Verhältnissen leben sie nahe der Stadt Rotorua auf der neuseeländischen Nordinsel – bei warmen Temperaturen, verschont von Winterwetter und Grippewellen. Nur so ist zu dieser Jahreszeit über mehrere Monate hinweg ein störungsfreies Training möglich, um die bestmögliche Form für die Frühjahrssaison aufzubauen. Dieter Hogen und sein Läufer-Trio bilden das im vergangenen Jahr neu formierte SCC Events Pro-Team
Airfield Run
„DAS PERFEKTE COMEBACK IST FÜR MICH EHER EIN GEFÜHL ALS EINE BESTIMMTE ZEIT“
Lisa Hahner (29)
Lisa Hahner trainiert für den ersten Zieleinlauf beim Marathon seit Olympia 2016

Deutsche Straßenläufe gehören spitzensportlich zu den besten der Welt. Die deutschen Straßenläufer dagegen sind schon lange nicht mehr international erfolgreich. Um dies zu ändern, startete SCC Events, der Veranstalter des BMW Berlin-Marathons, 2018 eine neue Initiative und gründete ein Elite-Laufteam, das SCC Events Pro-Team. Der Berliner Erfolgscoach Dieter Hogen, der einst die Marathonläuferin Uta Pippig sowie eine Reihe von kenianischen Athleten in die Weltspitze geführt hatte, wurde für das Projekt gewonnen. Zurzeit besteht der Kern des Teams aus drei Athleten: Lisa Hahner und Philipp Baar, die sich auf die Marathondistanz konzentrieren, sowie Fabian Clarkson, der 3.000-Meter-Hindernis- Spezialist. Im Trainingslager in Neuseeland schlossen sich dem Trio phasenweise auch andere internationale Athleten an, wie Valentin Pfeil (Österreich) und Hideyuki Ikegami (Japan).
Trainingsgrüppchen (v.l.): Lisa Hahner, Fabian Clarkson, Valentin Pfeil und Philipp Baar
Trainingsgrüppchen (v.l.): Lisa Hahner, Fabian Clarkson, Valentin Pfeil und Philipp Baar
Lisa Hahner hat im vergangenen Jahr ihr Leben umgekrempelt. Seit Olympia 2016 in Rio ist die inzwischen 29-Jährige bei keinem Marathon mehr ins Ziel gekommen. Um bei Dieter Hogen trainieren zu können und den Negativtrend zu stoppen, zog sie nach Berlin. „Ich habe mich in Berlin sehr schnell eingelebt“, sagt Hahner, deren Haupttrainingsgebiet nicht mehr der Schwarzwald sondern der Grunewald ist.

Leben im südlichen Pazifi k: Einfache Zimmer, gutes Essen und 200 Kilometer Lauftraining pro Woche

Noch bis Ende März aber teilt sie sich mit Philipp Baar und Fabian Clarkson ein Haus auf der Nordinsel im Pazifik. „Wir wohnen abgeschieden an einem See“, erzählt Hahner. „Das Haus ist einfach ausgestattet. Aber jeder hat sein eigenes Zimmer. Den Wohn- und Essbereich sowie den Balkon nutzen wir gemeinsam. In der Küche ist immer was los, denn wir kochen selber und haben aufgrund der vielen Trainingskilometer einen sehr großen Essensverbrauch.“ Teilweise mehr als 200 Kilometer Lauftraining schreibt Dieter Hogen ins wöchentliche Programm seiner Athleten. Hinzu kommen Regeneration sowie Gymnastik- und Kraft-Übungen.

Unter neuseeländischer Sonne: Das Laufteam sucht Erfrischung zwischen anstrengenden Trainingseinheiten
Unter neuseeländischer Sonne: Das Laufteam sucht Erfrischung zwischen anstrengenden Trainingseinheiten
„Das Training ist fordernd, macht aber gleichzeitig Spaß“, sagt Hahner. „Und die Stimmung innerhalb der Gruppe ist toll.“ So hofft die Läuferin, die in Frankfurt im Jahr 2015 ihre Marathon-Bestzeit von 2:28:39 gelaufen ist, auf ein gutes Marathon- Comeback in Hannover am 7. April. „Das perfekte Comeback ist dabei für mich eher ein Gefühl als eine bestimmte Zeit. Ich will den Marathon stark, souverän und voller Lauffreude rennen – das ist mein Ziel, und das motiviert mich.“

Philipp Baar wagt den nächsten Trainingsschritt, um auf der Langstrecke neue Erfolge zu feiern

Einschneidende Veränderungen in seinem Leben hat auch Philipp Baar vorgenommen, um im Marathon den nächsten Schritt zu machen. Der 26-Jährige kündigte seinen Job im Personal-Management, um sich voll auf das Laufen zu konzentrieren. „Wenn man Marathon läuft, ist es schwieriger, das Training mit einem Job zu vereinbaren – zumal, wenn Anspruch und Ziele höher werden“, sagt Baar, der vor knapp einem Jahr in Düsseldorf sein Marathon-Debüt in 2:16:17 Stunden lief und dann bei den Europameisterschaften in Berlin über diese Distanz Platz 38 belegte. „Ich denke, ich bin in einem guten Alter, um den Schritt zu wagen. Die letzten Erfolge lassen auf eine weitere Entwicklung hoffen.“ Seit seinem Wechsel zu Dieter Hogen ist die Trainingsintensität für Baar gestiegen.
„ZIEL IST ES, MIT DEUTSCHEN LÄUFERINNEN UND LÄUFERN EIN ZEICHEN ZU SETZEN, DASS MEHR IM SPITZENSPORT MÖGLICH IST“
Dieter Hogen (65)
Erfrischung am Straßenrand
Erfrischung am Straßenrand
„Ich laufe auch wesentlich mehr im Gelände als früher und dafür weniger auf der Straße oder auf der Stadion-Bahn“, sagt der Berliner, der am 7. April beim Wien-Marathon zunächst eine Bestzeit anpeilt und hofft, sich dann beim BMW Berlin-Marathon Ende September deutlich zu steigern.

Ebenso wie Hahner und Baar ist auch für Fabian Clarkson die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio das ganz große Ziel. Der 28-Jährige will beim Berliner Halbmarathon am 7. April zunächst seine Bestzeit von 67:05 Minuten deutlich unterbieten. Danach konzentriert er sich jedoch wieder auf die 3.000-m-Hindernisstrecke, über die er sich auch für Tokio qualifizieren möchte. „Von 2011 bis 2016 habe ich in den USA trainiert. Ich hatte dort erfahrene Trainer und starke Trainingspartner und habe mich gut entwickelt. Das möchte ich mit Dieters Team wieder erreichen“, sagt Clarkson, der an der TU in Berlin Luft- und Raumfahrttechnik studiert und sich unter anderem mit dem Antrieb für Raketen beschäftigt.

Dieter Hogen möchte die Lücke zur absoluten Weltspitze mit seinem Team möglichst schnell schließen

Auf einen „Raketenantrieb“ hoffen Fabian Clarkson, Philipp Baar und Lisa Hahner auch aufgrund der Konstellation mit dem Team von Dieter Hogen. Der Trainer schraubt die Erwartungen allerdings nicht zu hoch und sagt: „Wir können natürlich nicht sagen, dass wir in die Weltspitze vordringen wollen. Das Ziel ist es, mit deutschen Läufern ein Zeichen zu setzten und zu zeigen, dass deutlich mehr möglich ist als das, was momentan erreicht wird. Zurzeit sind wir in Deutschland einfach zu weit weg.“

Übrigens: Auch Lisas Zwillingsschwester Anna Hahner startet seit diesem Jahr für den SCC Berlin. Sie trainiert jedoch noch nicht im Pro-Team von Hogen und lebt auch nicht in Berlin. Nach verschiedenen Verletzungen absolviert Anna Hahner zurzeit ein Aufbautraining in München. Doch schon bald könnten die Hahner-Twins auch im Trainingsalltag wieder regelmäßig zusammen sein. „Das Potenzial einer Trainingsgemeinschaft mit gegenseitiger Unterstützung und Herausforderung darf man nicht verschenken“, sagt Hogen und fügt hinzu: „Außerdem verstehen sie sich als Twins, die einfach auch zusammengehören.“
Jörg Wenig

TIPPS FÜR ANFÄNGER

SO LAUFEN SIE FÜNF KM BINNEN VIER WOCHEN

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Sie wollen gerne mit dem Laufen beginnen? Wir zeigen Ihnen, wie Sie locker fünf Kilometer bewältigen. Die Tipps und der Plan entstanden in Zusammenarbeit mit Erfolgscoach Dieter Hogen

Drei Dinge sollten Sie vor ihrem Start beachten: Vor dem ersten Training ist eine sportmedizinische Untersuchung zu empfehlen, beim Kauf von Laufschuhen sollte man sich gut beraten lassen – und wenn man beginnt, hält man sich mit dem Tempo erst mal zurück. Der häufigste Anfängerfehler ist ein viel zu intensives Loslaufen, bei dem man schnell die Lust verliert.

Wenn Sie längere Zeit keinen Sport mehr betrieben haben, ist es zu empfehlen, das Trainingsprogramm zu befolgen. Sie müssen sich dabei nicht ständig verbessern, es wird auch Tage geben, da läuft es einfach nicht so gut. Dennoch werden Sie innerhalb von wenigen Wochen in der Lage sein, einige Kilometer zu laufen.

Zunächst einmal wechseln Laufen und Gehen einander ab: eine Minute laufen gefolgt von einer Minute gehen. Wer das schafft, versucht beim nächsten Training zwei Minuten laufen und zwei Minuten gehen. Sie bauen nach diesem Muster das Training soweit auf, bis Sie erst 30, dann 40 und schließlich 60 Minuten laufend durchhalten. Wichtig ist, von Anfang an ein Tempo zu wählen, bei dem Sie sich noch gut fühlen. Das Programm im Detail finden Sie unten!
1. WOCHE
1. Trainingstag

Im Wechsel laufen und gehen: 8 bis 10 x je 1 Minute


2. Trainingstag


Im Wechsel laufen und gehen: 5 x je 2 Minuten
2. WOCHE
1. Trainingstag
Im Wechsel laufen und zügig gehen: 5 x je 2 Min

2. Trainingstag
2 Min. laufen, 2 Min. gehen – 3 Min. laufen, 2 Min. gehen – 4 Min. laufen, 3 Min. gehen – 3 Min. laufen, 2 Min. gehen – 2 Min. laufen, 2 Min. gehen

3. Trainingstag
3 x im Wechsel 5 Min. laufen und 3 Min. zügig gehen
3. WOCHE
1. Trainingstag
5 Min. laufen, 3 Min. gehen – 10 Min. laufen, 3 Min. gehen – 5 Min. laufen, 3 Min. gehen

2. Trainingstag

10 Min. laufen, 3 Min. gehen – 5 Min. laufen, 3 Min. gehen – 10 Min laufen, 3 Min. gehen

3. Trainingstag

15 Min. laufen, 3 Min. gehen, 10 Min. laufen
4. WOCHE
1. Trainingstag
20 Min. laufen, 5 Min. gehen, 5 Min. laufen

2. Trainingstag

5 x jeweils 2 Min. laufen dazwischen pausieren bis zur Erholung (die letzten 2 x 2 Min. sollen die schnellsten Intervalle sein, nicht die ersten). Nach diesem Training mindestens zwei Tage Pause.

3. Trainingstag

5 km laufen, evt. mit Gehpausen
FOTOS Dieter Hogen

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